PVC & Umwelt

Was ist PVC?

PVC (Polyvinylchlorid) ist ein Kunststoff (Plastik). Zu seinen wichtigsten Besonderheiten gehört, dass man ihn unter der Zugabe von Weichmachern (Zusatzstoffe) verformen und dauerhaft elastisch halten kann. Wie elastisch, ist abhängig vom Anteil und der Art der Weichmacher. Man spricht hier von weichem PVC (Weich PVC).

Häufig verwendete Kunststoffe:

Polyvinylchlorid (PVC)
Polypropylen (PP)
Polyethylen (PE)
Polystrol (PS)
Polyethylenterephthalat (PET)
Polycarbonat (PC)
Polyurethan (PU)

Anwendungsbereiche von PVC

Neben weichem gibt es noch hartes PVC. Es enthält keine Weichmacher und ist in seinen Materialeigenschaften zwar hart, aber auch spröde. Es ist so gut wie nicht elastisch und kann bei hohen Belastungen brechen. Typische Produkte aus hartem PVC sind Fensterprofile und Rohre. Für den Einsatz etwa in Bodenbelägen ist es nicht nutzbar.

Weiches PVC hat im Vergleich zu anderen Kunststoffen besondere Materialeigenschaften, die es für bestimmte Einsatzbereiche innerhalb des Bausektors prädestinieren. Dazu zählen alle Arten von Innenräumen: von Werkshallen über öffentliche Gebäude bis zu privaten Haushalten – mit Bodenbelägen, Kabeln, Wandfolien, Dachbahnen etc. Weiches PVC ist, je nach Art, belastbar, gut isolierend, wartungsarm, witterungsbeständig, schwer entflammbar, säure-, öl- und wasserbeständig. 

Seit vielen Jahren steht weiches PVC vor allem wegen erwiesener, gefährlicher Einwirkungen der beigemengten Weichmacher auf Gesundheit und Umwelt in der Kritik. Zu den bekanntesten und am häufigsten eingesetzten Vertretern zählt die Gruppe der Phthalate. 

Häufig verwendete Kunststoffe:

DIDP (Diisodecylphthalat)
DINP (Diisononylphthalat)
DEHP (Diethylhexylphthalat)
DBP (Dibutylphthalat)
BBP (Benzylbutylphthalat)

PVC ist nicht umweltfreundlich

PVC ist in allen Bereichen, von der Herstellung über die Verwendung, das Recycling bis zur Entsorgung, ein Stoff, der in großem Konflikt zur Umwelt und damit auch zur menschlichen Gesundheit steht – sowohl direkt als auch indirekt. 

Die direkte gesundheitliche Gefährdung bezieht sich vor allem auf weiches PVC (Weich PVC). Das beinhaltet das Risiko von Krebserkrankungen und hormonellen Veränderungen.

Grafik: Man erkennt Industrie und Kanister mit Öl und Chlor die in der Natur stehen, daneben sieht man kaputte Bäume.

Problem: Herstellung

PVC besteht im Wesentlichen aus Öl und Steinsalz. Das Bohren nach und die Verarbeitung von Rohöl sind grundsätzlich umweltbelastend, wobei natürlich auch andere Kunststoffe wie PP (Polypropylen) Erdöl benötigen. Aus Steinsalz wird auf elektro-chemischem Weg bei der Herstellung von PVC giftiges Chlor gewonnen. Dieses Chlor wird zur Herstellung von PVC benötigt. 

Eine Gesundheitsgefährdung von Menschen liegt schon beim Herstellungsprozess vor. Allein Vinylchlorid (ein Ausgangsstoff für PVC) kann beim Menschen Krebs erzeugen und erbgutverändernd wirken. In Deutschland beträgt die maximal zulässige Arbeitsplatzkonzentration für PVC in der Atemluft 0,3mg/m³.

Problem: Verwendung und Gesundheitsrisiken

Hier steht weiches PVC im Vordergrund. Mit Hilfe von Weichmachern lässt sich PVC elastisch halten. Eine Eigenschaft, die weiches PVC so unverzichtbar etwa für Kabel oder Bodenbeläge macht. Solche Produkte sind ständigen Belastungen ausgesetzt, die sie ohne Weichmacher schnell zerbrechen lassen würden. 

 

Besonders die Phthalate sind krebserregend und wirken auf das Hormonsystem ein. Der Kontakt mit ihnen lässt sich kaum vermeiden. Wenn man PVC mit Weichmachern anreichert, dann entsteht zwar eine neue Verbindung, die ist aber nicht unauflöslich. Im Laufe der Zeit, abhängig von verschiedenen Faktoren wie UV-Strahlung, Temperatur, Berührungen mit Wasser, Haut oder Speichel, treten diese Weichmacher wieder aus – flüssig oder gasförmig. Faustregel: je weicher das Endprodukt, desto mehr Weichmacher sind enthalten. 

Info!

Hin und wieder finden sich Hinweise wie, PVC sei nicht oder so gut wie nicht toxisch. Doch Vorsicht! Toxisch sagt nichts darüber aus, ob etwas krebserregend ist.

Comic: Ein weinendes Baby krabbelt über den Boden, im Hintergrund ist ein Fenster wo man kaputte Bäume und Pflanzen und daneben Industrie sieht.
Grafik: Im Hintergrund sieht man Industrie mit rauchenden Schornsteinen, im Vordergrund Tonnen mit Müll. Eine Tonne ist umgekippt und die Schadstoffe sickern ins Grundwasser. Im Hintergrund erkennt man kaputte Bäume.

Problem: Entsorgung

Themen wie die Entsorgung von PVC unterliegen immer der Art, unter welchen Gesichtspunkten sie formuliert werden. 

Die zugesetzten Weichmacher der Gruppe des Phthalate dampfen aus, werden ausgewaschen oder reiben sich ab und gelangen so in den Boden und auch ins Grundwasser. Sie sind zwar biologisch abbaubar, aber das dauert natürlich seine Zeit.

Hartes PVC hat keine Weichmacher. Es ist allerdings auch nicht biologisch abbaubar. Dennoch muss hartes PVC etwa im Baubereich grundsätzlich regelmäßig ausgetauscht werden, weil es nicht UV-beständig ist. 

Die Dauer von UV-Beständigkeit ist vom Standort sowie der dort vorherrschenden atmosphärischen Umständen abhängig wie Sonneneinstrahlung, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Reflexionsvermögen von Schnee etc. Bei im Freien liegenden Rohren aus hartem PVC gibt der Fachverband der Kunststoffrohr-Industrie an, dass in der Regel nach ein bis zwei Jahren erste physikalische Beeinträchtigungen auftreten. 

Hartes PVC zerbröckelt also, löst sich aber nicht auf. Es kommt auf die Mülldeponien und dort bleibt es – sofern niemand auf die Idee kommt, es zu verbrennen.

Das Verbrennen von PVC ist unter Gesichtspunkten der Umweltbelastung keine adäquate Lösung. Es ist schwer entflammbar und erfordert eine Menge Energie. Zudem besteht die Gefahr, dass dabei das zur Herstellung verwendete Chlor sowie weitere Dioxine und Aromate (chemische Gruppe) freigesetzt werden, die krebserregend sind.

Problem: Recycling

Recycling beschreibt die Rückgewinnung von Rohstoffen etwa aus PVC-Produkten, um daraus möglichst wieder gleichwertige, neue PVC-Produkte herzustellen.  

 

Die Effizienz bei der Rückgewinnung von Rohstoffen ist fast immer abhängig vom Grad der Sortenreinheit des Materials. Es gibt Verfahren, mit denen vermischte Kunststoffabfälle in rohstofflich verwertbare Gase, Wachse und Öle umgewandelt werden können. Ein Problem ist hierbei bisher die Frage, was mit den zurückgewonnenen Weichmachern geschieht.


Eine Antwort darauf könnte beispielsweise das vom Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung (IVW) koordinierte, von der EU geförderte Projekt »Circular Flooring« geben, das noch bis 2023 läuft. Hieran sind mehrere europäische Staaten beteiligt. Hierbei soll nicht nur das PVC hochwertig recycelt werden. Die zugegebenen Weichmacher werden vollständig abgetrennt und mit chemischen Verfahren so wiederaufbereitet, dass sie a) unkritisch sind und b) erneut als Weichmacher verwendet werden können. 
»Unkritisch« bedeutet unbedenklich im Sinne der REACH, der Europäischen Chemikalienverordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe.

 

Grundsätzlich stellt jedoch die Verwendung von kritischen Weichmachern und schwermetallbasierten Stabilisatoren bis zum Jahr 2015 eine bisher ungelöste Herausforderung beim Recycling von PVC-Abfällen dar. Die teils lange Produktlebensdauer von mehreren Jahrzenten insbesondere von PVC-Fenstern, Rohren und Fußbodenbelägen hat zur Folge, dass belastetes Material noch lange im Recyclingkreislauf zirkulieren würde. Kunststoffe wie Polypropylene (PP) und PET kommen ohne diese Zusatzstoffe aus und lassen sich daher deutlich einfacher recyceln.   

Ein Diagramm wo zu erkennen ist, dass 9 % des Abfalls recycelt werden, 19 % verbrannt, 22 % illegal entsorgt und 50 % auf der Mülldeponie landet.

Info!

Grundsätzlich werden Kunststoffe derzeit nur zu geringen Anteilen recycelt. Laut einer im Februar 2022 veröffentlichten Studie der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) hat sich die weltweite Plastikproduktion in den Jahren 2000 bis 2019 nahezu verdoppelt.
• Von den Abfällen aus dieser Zeit wurden 9 Prozent recycelt.
• 19 Prozent wurden verbrannt.
• 50 Prozent wurden auf Mülldeponien abgeladen.
• 22 Prozent wurden illegal entsorgt.

Empfehlung

Der Einsatz von PVC unterliegt nach aktuellem Wissensstand einer Abwägung zwischen Gesundheitsgefährdung und Umweltbelastung einerseits sowie wirtschaftlichen Gründen andererseits. Wir möchten mit aktuellen Informationen und PVC-freien Produkten helfen, für die Bedeutung und die Folgen einer solchen Abwägung zu sensibilisieren.

Wichtige Hintergründe und Erkenntnisse zu diesem Thema liefern anerkannte wissenschaftliche Studien. In diesem Fall beispielsweise: »Die Verwendung von PVC (Polyvinylchlorid) im Zusammenhang mit einer ungiftigen Umwelt (Final Report der EU, Januar 2022).«

Weitere wichtige Informationen, unter anderem mit Tipps zu PVC-Alternativen, Unterschieden zwischen Vinyl, PVC und Linoleum, Kennzeichnungen wie dem Blauen Engel und mehr, bieten wir Ihnen gerne in weiteren Artikeln der Rubrik »PVC-frei«.

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