Interview mit Sebastian Wendel zum aktuellen Stand und zur Machbarkeit des PVC-Recyclings (von Bodenbelägen)

Das Recycling von PVC, insbesondere im Bereich von Bodenbelägen, steht derzeit im Zentrum vieler Diskussionen. PVC ist ein weit verbreiteter Kunststoff, der jedoch aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung und der enthaltenen Additive wie Weichmacher und Schwermetalle schwierig zu recyceln ist. Trotz jahrzehntelanger Bemühungen bleibt die Recyclingquote von PVC in Europa vergleichsweise niedrig. Ein Großteil des PVC-Abfalls wird nach wie vor verbrannt, was ökologische Probleme verursacht.

Dennoch gibt es Fortschritte: Insbesondere durch neue, chemische Recyclingverfahren, die es ermöglichen, kritische Additive zu entfernen und das PVC zu recyceln. Projekte wie das Circular-Flooring-Konsortium zeigen, dass solche Verfahren technisch machbar sind, wenn auch ökologisch und ökonomisch anspruchsvoll. Die Nachfrage nach recyceltem PVC steigt, doch die Infrastruktur zur Sammlung und Verarbeitung muss weiter ausgebaut werden, um das volle Potenzial auszuschöpfen.

Vor diesem Hintergrund diskutiert Sebastian Wendel, Leiter der Nachhaltigkeitsabteilung der CLASSEN-Gruppe, im Interview die Herausforderungen des PVC-Recyclings und stellt alternative Materialien wie CERAMIN vor, die das Problem langfristig lösen könnten.

PVC ist weltweit einer der am meisten genutzten Kunststoffe, doch das Recycling von PVC gestaltet sich teilweise schwierig. Könnten Sie uns einen Überblick geben, wie der aktuelle Stand beim Recycling von PVC – speziell im Bereich der Bodenbeläge – aussieht?

Sebastian Wendel: 

PVC-Recycling steht insgesamt vor großen Herausforderungen. Es gibt zwei grundlegende Recyclingmethoden: das mechanische und das chemische Recycling. Beim mechanischen Verfahren wird das Material sortiert, zerkleinert und ggf. gereinigt, bevor es wieder in den Produktionskreislauf zurückgeführt wird. Bei komplexen Produkten wie Bodenbelägen, die meist aus verschiedenen Schichten bestehen, die unterschiedliche Polymere oder auch noch Naturmaterialien, wie z.B. Kork, aufweisen können, wird mechanisches Recycling zu einem fast unmöglichen Unterfangen. Chemisches Recycling könnte diese Probleme theoretisch lösen, indem es das Material auf molekularer Ebene zerlegt. Aber auch hier gibt es erhebliche ökologische und ökonomische Hürden.

Sie sprechen die ökonomischen Hürden an. Ist das chemische Recycling von PVC überhaupt wirtschaftlich sinnvoll?

Sebastian Wendel:

Das ist genau der Knackpunkt. Chemisches Recycling erfordert einen hohen Energieeinsatz und spezielle Anlagen, die sich in der Regel nur bei sehr großen Produktionsvolumen rentieren. Selbst wenn es möglich wäre, PVC vollständig zu recyceln, würde nach aktuellen Erkenntnissen der Prozess deutlich teurer sein als die Produktion von neuem Material. Das macht es bisher für Unternehmen wenig attraktiv, auf diese Methode zu setzen. Es gibt zwar Pilotprojekte, wie das creasolv-Projekt, das sich zum Ziel gesetzt hat, PVC aus alten Fußböden zurückzugewinnen und zumindest kritische Phthalate aus dem Material zu entfernen, doch es handelt sich bisher lediglich um ein Forschungsprojekt ohne industrielle Umsetzung. Bislang hat sich chemisches Recycling für PVC nach meinem Wissen im großen Stil noch nicht durchgesetzt. 

Wenn wir uns den ökologischen Aspekt ansehen, wie steht es um die Auswirkungen von PVC auf die Umwelt und was geschieht mit den problematischen Substanzen wie Weichmachern und Schwermetallen?

Sebastian Wendel:

Das ist ein großes Problem. PVC früherer Generationen enthält oft sogenannte „Legacy Additives“, also alte, heute teils verbotene Stoffe wie Schwermetallstabilisatoren oder niedermolekulare Weichmacher, die mittlerweile als gesundheitsschädlich gelten und nicht mehr erlaubt sind. Wenn man das PVC mechanisch recycelt, bleibt immer ein Sortierrest mit diesen Substanzen zurück, den man nicht verwenden kann und irgendwie entsorgen muss. Oft bleibt als Option nur die Verbrennung, was natürlich nicht ideal ist. 

Es gibt ja auch immer wieder Diskussionen über Alternativen zu PVC, besonders im Bereich der Bodenbeläge. Was halten Sie von diesen Alternativen?

Sebastian Wendel:

Alternativen zu PVC sind absolut notwendig, besonders im Bereich der Bodenbeläge, wo PVC sehr verbreitet ist. Mit CERAMIN haben wir bei der CLASSEN Gruppe ein innovatives Material entwickelt, das PVC in vielen Bereichen ersetzen kann. Im Gegensatz zu PVC ist CERAMIN jedoch nicht auf Weichmacher angewiesen und ist vollständig auf Polyolefinischer Basis aufgebaut. Dadurch ist  das Material vollständig recycelbar und bietet sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile. Während der PVC-Markt noch versucht, ein wirtschaftliches Recycling umzusetzen, zeigt sich mit CERAMIN eine echte Alternative, die nicht nur gesundheitlich unbedenklich ist, sondern auch unter Berücksichtigung aller Aspekte langfristig kostengünstiger.

Warum ist CERAMIN in Ihren Augen die bessere Alternative zu PVC, gerade auch im Hinblick auf Recycling und Nachhaltigkeit?

Sebastian Wendel:

CERAMIN hat mehrere entscheidende Vorteile. Erstens: Es ist “designed for recycling”, das heißt nicht nur der Lebenszyklus der Beläge, sondern auch die Wiederverwertbarkeit seiner Bestandteile ist von vornherein in der Produktentwicklung mitgedacht worden. Zudem kommt es im Recycling ohne die komplexen und energieintensiven Prozesse aus, wie wir sie bei einem möglichen PVC-Recycling sehen. Zweitens: Es enthält bereits seit Markteinführung keine gefährlichen Additive wie Weichmacher oder Schwermetalle, die bei der Entsorgung oder Wiederverwertung problematisch werden. Drittens: CERAMIN- Produkte sind langlebig und bieten eine hervorragende Materialqualität, was sie zu einer nachhaltigen Wahl macht – sowohl für Hersteller als auch für Verbraucher. Während das PVC-Recycling immer wieder an seine Grenzen stößt, bietet CERAMIN eine einfache, saubere und zukunftssichere Lösung.

Sebastian Wendel prägt seit vielen Jahren maßgeblich die nachhaltige Ausrichtung der CLASSEN Gruppe. Seit 2023 leitet er die Nachhaltigkeitsabteilung der CLASSEN-Gruppe. Er ist seit fast 30 Jahren in der Bodenbelagsbranche tätig, davon seit fast 20 Jahren bei der CLASSEN Gruppe. Zudem agiert er als Vorstandsmitglied im Verband der mehrschichtigen modularen Fußbodenbeläge (MMFA).

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