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PVC-freier Bodenbelag im Kinderzimmer: Wieso Sie Ihren aktuellen Bodenbelag unter die Lupe nehmen sollten
Anforderungen an Bodenbeläge kann man grob in drei Bereiche unterteilen:
- Der Bodenbelag dient dem Wohl der Immobilie:
Strapazierfähigkeit, Lebensdauer etc. - Der Bodenbelag dient dem Wohl des Menschen:
Haptik, energetische Eigenschaften, Rutschfestigkeit etc. - Der Bodenbelag dient dem Wohlfühlfaktor:
Design, atmosphärische Ausstrahlung etc.
Punkt 2 hat für Kinderzimmer eine besondere Bedeutung. Kinder sind gesundheitlich anfälliger und können Gesundheitsrisiken noch nicht richtig einschätzen. Sie verdienen unseren Schutz.
Um zu entscheiden, ob ein Bodenbelag hinsichtlich der Gesundheit des Kindes geeignet ist, sollte man sich zwei Fragen stellen:
- Aus welchem Material besteht der Belag?
- Welche Risiken birgt das Material für die Gesundheit – sind diese relevant?
Bei den meisten Bodenbelägen sind diese Fragen einfach zu beantworten. Bei Naturstoffen wie Holz, Kautschuk oder Stein sowie Keramik, Kork oder Linoleum bestehen allein aus Sicht des Materials keine Bedenken.
Bei Kunststoffen, ganz gleich, ob diese mit Naturstoffen verbunden sind oder nicht, sieht das ganz anders aus. In Deutschland besteht für Hersteller, auch von Bodenbelägen, keine Kennzeichnungspflicht bezüglich der Inhaltsstoffe.
Kunststoffböden, Designböden und PVC
Wenn Sie zu Hause einen Kunststoffbodenbelag haben, werden die wenigsten von Ihnen wissen, was er enthält und ob bzw. wie bedenklich das Material für die Gesundheit Ihrer Kinder ist. Leider können Sie auch durch den Produktnamen keine Rückschlüsse auf die jeweiligen Inhaltsstoffe ziehen. Begriffe wie »Designboden« sind rechtlich nicht geschützt.
Immerhin ist eine Kunststoffverbindung, die das gesundheitlich größte Problem bei Bodenbelägen darstellt, bekannt: PVC (Polyvinylchlorid).
PVC war über viele Jahrzehnte der alles dominierende Kunststoffbodenbelag. Linoleum wurde zwar früher erfunden, ist aber vergleichsweise teurer und unter anderem empfindlicher gegen Feuchtigkeit und Nässe. Das machte ihn für Bad, Küche, Waschküche etc. unattraktiver im Vergleich mit PVC.
PVC- oder PVC-haltige Böden sind seit Generationen in deutschen Haushalten allgegenwärtig. Dennoch sollte man mehr darüber nachdenken, bestehende PVC-Böden in Kinderzimmern auszutauschen.
PVC-Bodenbeläge enthalten gefährliche Weichmacher
Weichmacher sind Additive/Zusätze, die in der Produktion dem PVC beigegeben werden. Sie sorgen dafür, dass der Kunststoff später formbar und elastisch bleibt. So ziemlich jedes Produkt mit PVC, dass Sie aus Ihrem Alltag kennen, enthält Weichmacher. Neben Bodenbelägen auch in Kabeln, Wandbelägen, Spielzeug (auch für Haustiere), Schuhsohlen, Sport- und Freizeitartikel, Medikamente, Gummistiefel, Buntstifte, Kinderwagen, Kosmetikartikel wie Shampoo, Sonnencreme und Nagellack sowie Verpackungen und Lebensmittelverpackungen etc.
Es gibt verschiedene Gruppen von Weichmachern und die mit Abstand größte ist die der Phthalate. Und die wiederum mit Abstand am häufigsten für PVC verwendeten Phthalate sind: DINP (Diisononylphthalat), DEHP (Diethylhexylphthalat), DBP (Dibutylphthalat) und BBP (Benzylbutylphthalat). Diese (und andere) werden auch vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz als »gefährlich für Umwelt und Gesundheit« eingestuft.
Der Gehalt der Phthalate in PVC-Produkten variiert je nach Produktgruppe etwa zwischen 8 und 30 Prozent. Grundsatz: Je weicher und elastischer das Produkt ist, desto mehr Weichmacher sind enthalten.
Wie relevant ist die gesundheitliche Gefährdung durch Weichmacher in PVC?
Weichmacher gelangen direkt in den Körper. Sie sind chemisch nicht an den Kunststoff PVC gebunden. Das heißt, sie treten automatisch und von Beginn an flüssig oder gasförmig aus dem PVC-haltigen Produkt wieder aus.
Diese Extraction kann zusätzlich durch direkten Kontakt beschleunigt werden. Zum einen verbinden sie sich Weichmacher wie Phthalate gerne mit Hausstaub, der direkt eingeatmet wird, zum anderen lassen sich die Weichmacher durch einfache Berührung, etwa durch Fett in der Haut, Schweiß oder Speichel aus dem Produkt lösen. Die Menge pro Berührung ist dabei irrelevant. Relevant ist, dass diese Berührungen dauerhaft stattfinden und unvermeidbar sind.
Die Gefahren von diesen Weichmachern für z. B. Leber, Nieren und Hoden sind seit vielen Jahren bekannt und auch durch wissenschaftliche Studien hinreichend belegt. Nur einige Beispiele:
- Eine 2012 veröffentlichte, schwedische Studie legt nahe, dass Menschen mit Diabetes auffällig mit Phthalaten belastet sind.
- Das renommierte Wissenschaftsmagazin »Environmental Pollution« veröffentlichte Ende 2021 eine Studie, die feststellt, dass es bei Menschen zwischen 55 und 63 Jahren einen direkten Zusammenhang zwischen der Sterblichkeitsrate und der Menge an Phthalate gibt, die im Urin nachgewiesen wurde.
Dieser Zusammenhang wurde auch in früheren Studien in den USA nachgewiesen. Hochgerechnet schätzt man, dass Phthalate dort pro Jahr für 100.000 Todesfälle direkt verantwortlich sind. - Eine 2022 veröffentlichte Studie des Krebszentrums der Universität von Vermont weist darauf hin, dass Phthalate zur Entwicklung einiger Krebsarten bei Kindern beitragen können. Konkret:
- Das Risiko für Lymphdrüsenkrebs erhöht sich um das Doppelte.
- Das Risiko von Knochenkrebs erhöht sich um das Dreifache.
Hin und wieder finden sich Hinweise, dass PVC kaum bis gar nicht toxisch sei. Doch der Gehalt an Toxinen sagt nichts darüber aus, ob etwas krebserregend ist oder nicht.
Wie können sich Verbraucher:innen schützen?
Vor dem Kauf eines Bodenbelages
Da, wie bereits erwähnt, Hersteller nicht verpflichtet sind, die Inhaltsstoffe Ihrer Produkte – hier Bodenbeläge – anzugeben, sollten Sie sich zuerst einmal entscheiden, ob ein Kunststoffboden für Sie im Kinderzimmer in Frage kommt. Linoleum und Kork sind hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe vergleichsweise unbedenklich. Gerade Linoleum gewährt durch seine antibakteriellen Eigenschaften sogar zusätzlichen Schutz.
Aber Kunststoffböden sind nicht alle grundsätzlich gesundheitsschädlich. Auch nicht alle Weichmacher sind gefährlich. Ein gutes Beispiel für Kunststoffböden, die nicht nur für die Gesundheit, sondern auch für die Umwelt vollkommen unbedenklich sind, finden Sie bei CERAMIN.
CERAMIN – als Fliesen, Dielen oder individuellen Großflächen – enthält weder Chlor noch Phthalate oder andere gesundheitsschädliche Weichmacher oder Stabilisatoren. Darüber hinaus sind CERAMIN-Produkte zu 100 Prozent recycelbar.
Es gibt auch einige geprüfte Siegel, die Ihnen bei der Auswahl Ihres Bodenbelages helfen können.
Blauer Engel
Der Blaue Engel ist das Umweltzeichen der Bundesrepublik Deutschland. Damit gekennzeichnete Produkte sind frei von schädlichen Weichmachern und Lösemitteln. Der Blaue Engel kann grundsätzlich nicht an PVC-Produkte verliehen werden.
eco INSTITUT
Das eco-INSTITUT ist eines der erfahrensten deutschen Labore für Innenraumanalytik. Ein Schwerpunkt ist die Prüfung auf Emissionen (Ausgasungen) bei Produkten. Ebenso führt das eco-INSTITUT Geruchsprüfungen durch und untersucht Produkte auf schädliche Inhaltsstoffe wie Phthalate, Schwermetalle oder Pestizide.
Natürlich sind all unsere CERAMIN-Bodenbeläge mit dem Blauen Engel und dem eco-INSTITUT-Label zertifiziert.
Auskunftspflicht auf Nachfrage
Eine andere Möglichkeit ergibt sich durch längerfristige Planung. Hersteller sind nämlich auf persönliche Nachfrage dazu verpflichtet, innerhalb von 45 Tagen zumindest über alle Inhaltsstoffe in ihren Produkten Auskunft zu geben, die offiziell als besorgniserregend gelten. Die weiter oben genannten Weichmacher DINP, DEHP, DBD und BBP gehören dazu.
Bodenbeläge nachträglich auf Schadstoffe prüfen lassen
Es gibt Expert:innen, die Sie engagieren können, um Bodenbeläge bei Ihnen zuhause zu überprüfen. Das betrifft nicht nur PVC und Weichmacher, sondern auch Dioxine, Furane, Asbest etc. und schließt auch die benutzten Kleber ein. Die entsprechenden Fachleute und Fachbetriebe sind unter anderem hier gelistet: